Deulsche Blätter für Zeichen-Kunst- und Werkunterricht
Zeitschrrft des Reichsverbandes akad.geb.Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen
Verantwortlich sür die Schriftleitung: Profefsor Gustav Kolb, Göppingen
Druck und Verlag: Lugen Hardt G. m. b. H. Stuttgart, Langestraße 18
6. Iahrgang
August 1926
tzeft 8
Das Museum der Kunstanfänge. — Wege und Irrwege unserer Kunsterztehung. Von Richard Riemerschnrid.
— Architekturbetrachtung und Werkstatt. Von W. Frantzen-Gronau. — Die Reklame und der Zeichenunter-
richt. Von Benno Petersen, Lübeck. — Fragen der Kunsterziehung. Von Schäffer-Uelzen. — DhnamischeS
Zeichnen. Gedanken über eine Neugestaltung des Zeichenunterrichts in Deutschland. Von Friedrich Adler,
tzamburg. — Von der Lasseler Tagung. Von tz. Gr. — Umschau. — Buchbesprechungen. — Inserate.
Das Museum der Kunstanfänge
/ Unter diesem Titel erschien in dem Sonderheft des Pelikan
! (Mitteilungen der Peltkan-Werke Günther Waaner in tzanno-
. ver) ein Aufsatz von Lothar von Kunowski, Prof. an der staat-
! lichen Kunstakademie in Düsfeldorf)71>em wir folgende frtsche und
> mutige Aussührungen entnehmen:
Betrachke man, was aus den Schulen an Kunst der
Kinder hervorgegangen ist, so schlägt vieles davon
van Gogh und Cszanne aus dem Felde. Es stehk
würdig neben den überlegenen Leistungen der Eis-
zeitkünstler. Wir sind (im Schulunterrichk) den kür-
zeren Weg gegangen. Die Kunstgeschichke der Uni-
versitäken hinkke hinterher . . .
Man fälscht die Kunstgeschichte; denn was in
Handwerk, Zeichnen und Malen in deutschen Schulen
im lehken äahrzehnt geleistet wurde, ist hundertmal
mehr wert für die Kunstenkwicklung als aller 3m-
pressionisten- und Expressionistenstrelt der Gelehrten.
Der große jugendfrische Stand der Zeichenlehrer und
Zeichenlehrerinnen steht turmhoch über den blinden
Universitäkskolossen, dle in Sackgassen der Theorie
sich mit dem Kunsthandel zur Geldverschwenduna für
Museumsware verbanden, die nach fünf äahren keine
fünf Pfennige mehr wert ist.
äeder Erwachsene kann sich leicht darüber auf-
klären. Er brauchk nur eine Ausstellung unserer
Schulen in Handwerk und Kunst aufzusuchen. Da
wird er äahresleistungen sehen, hinter denen der ge-
samke sonstiae Kunstbekrieb weik zurückbleibk. Darum
raten wir, hierfür umgehend ein Museum zu grün-
den und alles Einschlägige rechtzeitig mit wenig Geld,
mit einfach nichtS zu sammeln. Der Anblick würde
jeden erschüttern, erheben und erkennen lassen, datz
wir Europäer doch wohl noch soviel Kunstkraft in
Kindern haben, daß wir neben den Negern des er-
staunlichen Frobenius nicht zu verzweifeln brauchen.
Dies alles wird neuerdings in den Kunstakademlen
tin allen? Schrifil.) gepflegk. Das heitzt: Zeichen-
lehrer studieren wie jeder junge Künstler in Aoch-
schulen. Diese müsien in ihnen das Füllhorn fördern,
das die Kunsthochschule in jede Dolksschule, Mittel-
schule, Realgymnasium, Gymnasium, höhere Töchker-
schule ausstreckt. Kinder aus sich selbst wie Eiszeit-
menschen zeichnen, malen, handwerkern zu lasien:
dies ist jetzk ketn Experimenk mchr. Es funktioniert
so flcher wie das Einmaleins beim Machemattklehrer.
Nun rückwärks, vorwärts, aufwSrtsl: was lelstek die
Kunstakademie an selbständiger Lchre, hinaus über
Dürer und Lionardo für Künstler und für Zeichen-
lehrer, die nicht nur Kinder, sondern auch reifere
Knaben und MSdchen zur Kunst, zum KunstverstSnd-
nis befähigen sollen. Das Riesengebiet des bild-
künstlerischen Konkrapunkkes, der BerhSltnislchre,
jeder Archikekkur des Borstellungsaufbaus, des rhych-
mischen, organischen, konstrukttven Zeichnens? Dies
alles gehört zum „M useumder Kunstan-
fäng e". Hundert und mehr Werke des modernen
Expresiionismus gehörken da hinein . . .
Sammelt Schülerwerke!
Wege und Irrwege unserer Kunsterziehung
von Rickard Riemerschmid, herausgegeben vom Deutschen Werkbund
(Berlag Herm. Reckendorf, Berlin W. öo-.
Auch diese neue Flugschrift des von uns hochge-
schähten Berfasiers ist zunächst für Kunstgewerbe-
schulen und Kunstakademien geschrieben, sie gilt für
uns aber ebenso und sie ist wiederum so bedeutungS-
voll, daß kein ernsthafter, suchender Lehrer des
Zeichen- und Kunstunterrichts an ihr vorübergehen
kann. Ein besonderes Gewicht erhälk sie dadurch,
daß der deuksche Werkbund hinter chr stehk. Möge
der nachfolgende Berichk, der Einiges aus dem Zu-
sammenhang herausgreist — der Berfasier möge dieS
Zeitschrrft des Reichsverbandes akad.geb.Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen
Verantwortlich sür die Schriftleitung: Profefsor Gustav Kolb, Göppingen
Druck und Verlag: Lugen Hardt G. m. b. H. Stuttgart, Langestraße 18
6. Iahrgang
August 1926
tzeft 8
Das Museum der Kunstanfänge. — Wege und Irrwege unserer Kunsterztehung. Von Richard Riemerschnrid.
— Architekturbetrachtung und Werkstatt. Von W. Frantzen-Gronau. — Die Reklame und der Zeichenunter-
richt. Von Benno Petersen, Lübeck. — Fragen der Kunsterziehung. Von Schäffer-Uelzen. — DhnamischeS
Zeichnen. Gedanken über eine Neugestaltung des Zeichenunterrichts in Deutschland. Von Friedrich Adler,
tzamburg. — Von der Lasseler Tagung. Von tz. Gr. — Umschau. — Buchbesprechungen. — Inserate.
Das Museum der Kunstanfänge
/ Unter diesem Titel erschien in dem Sonderheft des Pelikan
! (Mitteilungen der Peltkan-Werke Günther Waaner in tzanno-
. ver) ein Aufsatz von Lothar von Kunowski, Prof. an der staat-
! lichen Kunstakademie in Düsfeldorf)71>em wir folgende frtsche und
> mutige Aussührungen entnehmen:
Betrachke man, was aus den Schulen an Kunst der
Kinder hervorgegangen ist, so schlägt vieles davon
van Gogh und Cszanne aus dem Felde. Es stehk
würdig neben den überlegenen Leistungen der Eis-
zeitkünstler. Wir sind (im Schulunterrichk) den kür-
zeren Weg gegangen. Die Kunstgeschichke der Uni-
versitäken hinkke hinterher . . .
Man fälscht die Kunstgeschichte; denn was in
Handwerk, Zeichnen und Malen in deutschen Schulen
im lehken äahrzehnt geleistet wurde, ist hundertmal
mehr wert für die Kunstenkwicklung als aller 3m-
pressionisten- und Expressionistenstrelt der Gelehrten.
Der große jugendfrische Stand der Zeichenlehrer und
Zeichenlehrerinnen steht turmhoch über den blinden
Universitäkskolossen, dle in Sackgassen der Theorie
sich mit dem Kunsthandel zur Geldverschwenduna für
Museumsware verbanden, die nach fünf äahren keine
fünf Pfennige mehr wert ist.
äeder Erwachsene kann sich leicht darüber auf-
klären. Er brauchk nur eine Ausstellung unserer
Schulen in Handwerk und Kunst aufzusuchen. Da
wird er äahresleistungen sehen, hinter denen der ge-
samke sonstiae Kunstbekrieb weik zurückbleibk. Darum
raten wir, hierfür umgehend ein Museum zu grün-
den und alles Einschlägige rechtzeitig mit wenig Geld,
mit einfach nichtS zu sammeln. Der Anblick würde
jeden erschüttern, erheben und erkennen lassen, datz
wir Europäer doch wohl noch soviel Kunstkraft in
Kindern haben, daß wir neben den Negern des er-
staunlichen Frobenius nicht zu verzweifeln brauchen.
Dies alles wird neuerdings in den Kunstakademlen
tin allen? Schrifil.) gepflegk. Das heitzt: Zeichen-
lehrer studieren wie jeder junge Künstler in Aoch-
schulen. Diese müsien in ihnen das Füllhorn fördern,
das die Kunsthochschule in jede Dolksschule, Mittel-
schule, Realgymnasium, Gymnasium, höhere Töchker-
schule ausstreckt. Kinder aus sich selbst wie Eiszeit-
menschen zeichnen, malen, handwerkern zu lasien:
dies ist jetzk ketn Experimenk mchr. Es funktioniert
so flcher wie das Einmaleins beim Machemattklehrer.
Nun rückwärks, vorwärts, aufwSrtsl: was lelstek die
Kunstakademie an selbständiger Lchre, hinaus über
Dürer und Lionardo für Künstler und für Zeichen-
lehrer, die nicht nur Kinder, sondern auch reifere
Knaben und MSdchen zur Kunst, zum KunstverstSnd-
nis befähigen sollen. Das Riesengebiet des bild-
künstlerischen Konkrapunkkes, der BerhSltnislchre,
jeder Archikekkur des Borstellungsaufbaus, des rhych-
mischen, organischen, konstrukttven Zeichnens? Dies
alles gehört zum „M useumder Kunstan-
fäng e". Hundert und mehr Werke des modernen
Expresiionismus gehörken da hinein . . .
Sammelt Schülerwerke!
Wege und Irrwege unserer Kunsterziehung
von Rickard Riemerschmid, herausgegeben vom Deutschen Werkbund
(Berlag Herm. Reckendorf, Berlin W. öo-.
Auch diese neue Flugschrift des von uns hochge-
schähten Berfasiers ist zunächst für Kunstgewerbe-
schulen und Kunstakademien geschrieben, sie gilt für
uns aber ebenso und sie ist wiederum so bedeutungS-
voll, daß kein ernsthafter, suchender Lehrer des
Zeichen- und Kunstunterrichts an ihr vorübergehen
kann. Ein besonderes Gewicht erhälk sie dadurch,
daß der deuksche Werkbund hinter chr stehk. Möge
der nachfolgende Berichk, der Einiges aus dem Zu-
sammenhang herausgreist — der Berfasier möge dieS